Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.
Psalm 22,2; Matthäus 27,46
Unter dem Kreuz Christi geschieht etwas Bedeutsames: Der Schrei des Sterbenden wird zur Klage der Trauernden. Der Tote kann nicht mehr rufen, aber die Trauernde schreit ihre Klage hinaus. Tief innen tut es weh, den geliebten Menschen hergeben zu müssen. Im Rufen und Klagen beginnt die Auseinandersetzung mit dem Sterbegeschick des Menschen.
Die Totenklage richtet sich gegen Gott, sie bittet ihn aber auch um Hilfe. Manchmal braucht es eine beängstigend lange Zeit, bis ein Trauernder sich aus seiner Erstarrung lösen kann und zu klagen beginnt. Es ist der erste Schritt zur Heilung der erlittenen Wunde. Das Klagen, Rufen und Schreien ergreift andere und bewegt sie zum Wahrnehmen und Zuhören, zum Aushalten und Beistehen.
Dem Trauernden kann sein Weg durch Schmerz und stürmische Gefühle nicht abgenommen werden, aber die Nahestehenden können Beistand leisten, Interesse zeigen, Schutzräume bieten. Im Mitgehen des schmerzvollen Klage- und Trauerweges löst sich die Erstarrung und macht neuen Lebensimpulsen Platz.
Manchmal ist es nötig, die festsitzenden Gefühle durch "geliehene" und "angeeignete" Ausdrucksformen anderer zum Fließen zu bringen. Die Musik ist dafür ein wunderbares Medium - die klassische Musik vor allem, aber auch viele andere Stilrichtungen, Kirchenlieder, Taizé-Lieder und - Volkslieder. Die Trauernden werden die ihnen gemäße Weise jeweils selbst entdecken.