weitergehen

Als Jesus mit den Jüngern in Emmaus angekommen ist, tut er so, als wolle er weitergehen. Dadurch zeigt er, daß er die Eigenständigkeit der beiden achtet. Er gibt ihnen die Chance, selbst zu bestimmen, wieviel Distanz oder Nähe sie wollen oder brauchen. Er bindet sie nicht an sich, sondern läßt "probeweise" los.

Solches "probeweise Loslassen" ist in jeder seelsorgerlichen Beziehung wichtig. Es gibt erstens dem Patienten die Möglichkeit, sich aus einer Beziehung zurückzuziehen, wenn er sie im Moment aus irgendwelchen Gründen nicht wünscht oder braucht. Es bewahrt zweitens die Helferin oder den Helfer davor, sich unersetzbar zu machen.

In allen helfenden Berufen und in jeder Helferrolle lauert die Gefahr, einen Menschen, der Hilfe braucht, unbewußt zu benutzen, um das eigene Selbstwertgefühl zu stärken. Gerade weil es wichtig ist, daß sich Menschen rufen lassen, falsch verstandenen Individualismus und blanken Egoismus hinter sich zu lassen und sich für andere zu engagieren, ist es nötig, daß Helferinnen und Helfer immer wieder die eigenen Motive überprüfen und sie allmählich "läutern".

Für diesen Prozeß ist eine Austauschgruppe eine wichtige Hilfe. Im Vertiefungskurs werden wir ausführlich auf Chancen und Gefahren der Helferrolle eingehen. Die folgenden Texte, eine alte Fabel, ein Wort von Dom Helder Camara und ein Gedicht von Margot Bickel, ermutigen dazu, ganz dazusein - und gleichzeitig immer in der Bereitschaft zu leben, ganz loszulassen.

Zum "Weitergehen" gehört die Konfrontation und Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen. Wie weit will ich bei der Zuwendung zu anderen gehen? Will ich weiter mit ihnen gehen? Oder kann ich mir vorstellen, an den Punkt zu kommen, wo ich ohne den hilfsbedürftigen Menschen weitergehen will oder muß?

Die Frage nach dem Maß meines Einsatzes hängt auch von nüchterner Information ab. Jesus sagt einmal, wer einen Turm bauen will, solle die Kosten überschlagen. Das gilt für jedes Engagement.

Weitere Anregungen