In Barlachs Drama "Der tote Tag" (1912) kommen Bemerkungen vor wie: "Mutter genug, aber an Vater ist zu wenig" (D 15) und: "Göttersöhne sind keine Mutterkinder" (D 19). Die väterliche Stimme, so Barlach, ruft heraus aus mütterlicher Umgarnung und materieller Verstrickung hin zu geistigen Fähigkeiten und kreativer Lebensgestaltung. Im Drama tötet die Mutter das beflügelnde Pferd des Vaters und setzt es dem Sohn als Mahlzeit vor, der damit unbewusst seine Zukunft verzehrt.
Auch heute noch besteht die Gefahr, im "Hotel Mama" hocken zu bleiben, sich versorgen zu lassen und niemals erwachsen und selbständig zu werden. Die vielen Dienstleistungen, auf die wir zurückgreifen, vervielfältigen die Versorgerin und degradieren uns zu Konsumenten. Wir gestalten Kunst und Kultur nur noch selten selbst, wir lassen uns von anderen berieseln und unterhalten.
Blind geworden von den schrecklichen Bildern der Welt tritt bei Barlach ein Mann auf, der nachts im Traum die schönen Gestalten der Zukunft sieht: "noch schlafend - aber wer sie erweckte, der schüfe der Welt ein besseres Gesicht. Das wäre ein Held, der das könnte" (D 24). Er trägt einen seufzenden Steinbrocken im Sack mit sich und er ist es, der in einem bestimmten Augenblick das tapfere Wort spricht: "Wer sich noch mit anderer Leid dazu belädt, der ist erst der wahre Mann" (D 26).
Zukunft gestalten heißt herausgehen und wagen, sich beladen mit Lasten (Galater 6,2), aushalten und tragen, was das Leben bereithält. "Muttersöhne" (so lautet ein Buchtitel von Volker Elis Pilgrim) gehen andere und gefährliche Wege.