Dem Mitreformator und "Kirchbaumeister des Nordens" zum 500. Geburtstag
von Peter Godzik
Johannes Bugenhagen wurde am 24. Juni 1485 als Sohn eines kleinstädtischen Ratsherrn in Wollin in Pommern geboren. Ab 1502 studierte er in Greifswald und gewann in seinen humanistischen Studien einen kritischen Blick über die Quellen wie für die Verhältnisse der Gegenwart. Mit 19 Jahren wurde er zum Rektor der Stadtschule in Treptow an der Rega berufen und erhielt 1509 ohne Theologiestudium die Priesterweihe und 1517 vom Herzog den Auftrag, die Geschichte Pommerns zu schreiben ("Pommerania", gedruckt erst 1728). Als Lektor der Bibel und der Kirchenväter an der Klosterschule Belbuck (seit 1517) begegnete er Luthers Schriften, von denen ihn gerade die ihm anfänglich erschreckend ketzerisch erscheinende Schrift "De capivitate Babylonica" ("Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche") überzeugte.
Im Frühjahr 1521 ging er zum theologischen Studium nach Wittenberg und hielt bald biblische Vorlesungen, die 1533 durch Ernennung zum Dr. theol. und 1535 zum Professor bestätigt wurden. 1523 wurde er Pfarrer der Wittenberger Stadtkirche, der er bis zum Tode treu blieb - trotz mehrfacher Berufung zum Bischofsamt, aber auch trotz zahlreicher Anfeindungen unter der Interimspolitik des Kurfürsten Moritz.
Bugenhagens Lebenswerk wird oft nur zu sehr im Schatten des Reformators Luther gesehen. Schon drei Jahre vor Luther wurde er durch Heirat mit Walburg Rörer, der Schwester Georg Rörers, zum Mitbegründer des evangelischen Pfarrhauses.
Mit Luther verband ihn schnell eine enge Freundschaft. Er half ihm bei der Bibelübersetzung, und seine Vertrauen ausstrahlende Art ließ ihn nicht nur in Krankheits- und Todesanfechtungen zu Luthers Privatbeichtiger und Seelsorger werden. Bugenhagen wurde besonders zum bischöflichen Lehrer im Sinne des lutherischen Verständnisses von Amt und Gemeinde und schuf vorbildlich gewordene Kirchenordnungen: 1528 in Braunschweig, 1529 in Hamburg, 1531 in Lübeck, 1534 in Pommern, 1537 in Dänemark, 1542 in Schleswig-Holstein, 1543 in Braunschweig-Wolfenbüttel und 1544 in Hildesheim.
Seine häufigen Reisen führten ihn oft längere Zeit von Wittenberg fort, besonders die dänische, während der er als wahrer evangelischer Bischof den König Christian III. krönte. Überall suchte er Latein- und Dorfschulen und wenn möglich eine Landesuniversität zu schaffen. Beherrschend war in allem die spezifische kirchliche Ordnung unter dem Amt des "Superintendenten", der für innere und äußere Grundlage von Lehre, Amt und Gemeindefürsorge besonders zuständig sein sollte.
Bugenhagens Predigten haben wesentlich zur Ausbreitung der Reformation beigetragen; er wirkte auch als Übersetzer von Lutherischen Schriften und Luthers Bibel ins Niederdeutsche. Gerade diese Sprache hat Johannes Bugenhagen zu einem geeigneten Reformator des Nordens gemacht. Denn wer die gleiche Sprache mit anderen spricht, hat es leichter, schwierige Tatbestände zu erläutern und auf ein bestimmtes Ziel hin zu meistern. Die Neuordnung der Kirche nach evangelischen Gesichtspunkten - das haben wir dem "Doktor Pommer" zu danken.
In: Kirche in Büdelsdorf. Information - Besinnung - Meinungsbildung, Ausgabe Juni 1985.