Zu
Weihnachten 2007
Was für eine Liebe!
„Seht,
welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen“ - das ist die Botschaft des Weihnachtsfestes.
Was bedeutet es, dass wieder so viele Menschen in die Heiligabend-Gottesdienste
kommen, um die Botschaft der Liebe Gottes zu hören?
Viele
Menschen kommen als Mühselige und Beladene, als Zweifelnde und Suchende. Sie
möchten erleben, dass das Wunder einer herzlichen Liebe auch sie ergreift.
Manche können gar nicht mehr glauben, aber sie bringen eine Erwartung und eine
stille Hoffnung mit: Gott glaubt an mich, Gott wendet sich mir zu, Gott fängt
in diesem Kind auch noch einmal mit mir ganz neu an.
„Seht,
welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen“ - das sehen wir, das hören wir in
unseren ganz unterschiedlichen Lebenssituationen. Und wir sind dankbar, dass
da mit dem neugeborenen Kind auch etwas neu werden darf in uns.
„Wir sollen Gottes Kinder heißen - und wir
sind es auch!“ Gottes Kinder - das klingt liebevoll und herzlich. Ein
fröhliches Gotteskind zu sein - wer wünschte sich das nicht? Aber gleich
mischen sich Zweifel und Skepsis ein, weil wir so schrecklich erwachsen und nüchtern
geworden sind.
Wir
können es uns nicht leisten, als Kinder herumzulaufen. Wir müssen nüchtern und
realistisch sein, unsere Verantwortung wahrnehmen in dieser komplizierten Welt,
unsere Arbeitskraft einbringen und unsere Sehnsüchte und Erwartungen auf ein
verträgliches Maß zurückschrauben. Was heißt es da, ein fröhliches Gotteskind
zu sein?
„Kindsein“
meint ja nicht ein kindisches und unreifes Verhalten, keine Schlaraffenland-Träume,
sondern das tiefe Vertrauens- und Verpflichtungsverhältnis, das sich daraus
ergibt, dass das Kind einmal der Erbe sein wird.
Gotteskinder
sind Gotteserben und bekommen damit eine hohe Würde zugesprochen. Wir sind eben
nicht bloß Knechte und Mägde, keine Leibeigenen oder Untertanen, sondern
geliebte Kinder, zukünftige Erben der großen Verheißungen Gottes. Darin liegt
unsere ganze Würde als Menschen. Von Anfang an sind wir so gemeint - von der
Schöpfung der Welt her, von unserer eigenen Geburt und Namensgebung her sind
wir in diesen bedeutsamen Zusammenhang gestellt: Gottes Kinder und seine Erben
zu sein.
Aber
wie sind wir umgegangen mit diesem Geschenk und Erbe unserer Gottebenbildlichkeit
in der Geschichte der Menschheit? Bilder von Krieg und Vertreibung, von
Diebstahl, Vergewaltigung und Mord gemahnen uns daran, dass wir Menschen in all
den Jahren des Leids und der gegenseitigen Verletzung nur wenig dazugelernt
haben.
Wir
verachten und beschädigen unser Erbe; wir verweigern uns, so zu leben, wie wir
gemeint sind: als Gottes Kinder und seine Erben in Liebe und Gerechtigkeit.
Wir zerstören unsere Gottebenbildlichkeit und verkehren sie ins Gegenteil.
Aber
auch wenn wir aufgehört haben, an Gott zu glauben, so hört doch Gott nicht auf,
an uns zu glauben. Er geht uns nach mit Liebe und Strenge, er sucht uns mit
großer Geduld und Barmherzigkeit, er möchte uns heimbringen und heil machen;
er möchte, dass wir umkehren und zurückfinden ins Vaterhaus.
So
schenkt er uns sein heilendes und zurechtbringendes Wort durch all die Prediger
und Propheten, die er unablässig rufen lässt, wie liebevoll und barmherzig er
ist, geduldig und von großer Güte. Er will ja nicht unseren Tod und unser
Verderben, sondern dass wir leben und fröhlich sind. Er will sich nicht auf
ewig von uns abwenden und für immer zornig bleiben, obwohl wir es mit manchem
Übermut durchaus verdient hätten.
Er
schenkt uns als Zeichen seiner unendlichen Liebe seinen Sohn, damit auch in uns
etwas Neues geboren werden kann und wir wieder werden, was wir von Anfang an
waren: Gottes Kinder und seine Erben in Liebe und Gerechtigkeit.
Das
Wunder der Weihnacht besteht darin, dass Gott von sich aus die zerbrochene
Gottebenbildlichkeit im Menschen wiederherstellt in diesem Kind in der Krippe.
Es ist ein armseliger Anfang, bedroht und gefährdet von allen Seiten. Aber es
ist ein Anfang, der weitergeht und den niemand mehr herausschaffen kann aus
dieser Welt - auch Tod und Teufel nicht. Damit sind wir gerettet. Es kann etwas
wachsen und neu werden in uns.
Unser
Herz kann zum Stall und zur Krippe werden, in dem das Gotteskind, unsere
menschliche Würde, neu geboren werden kann. Klein und bescheiden fängt es an,
aber es hat eine große Verheißung: „Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen,
dass wir Gottes Kinder heißen sollen - und es auch sind!“
Wenn
wir das verstanden haben, dass mit der Geburt des Gottessohnes in der Heiligen
Nacht wir selber an Weihnachten zu Gotteskindern geworden sind, dann ist alles
gut, dann ist Gott mit seiner frohen und liebevollen Botschaft bei uns angekommen.
Denn um anderes geht es nicht.