Ist unsere Kirche noch zu retten?

Für Propst Peter Godzik ist die Geschichte von Tabeas Auferweckung (Apg. 9,36-42) ein Sinnbild unserer Kirche

 

Von Peter Godzik

Tabita, eine Jüngerin aus Joppe, die krank geworden war und starb, wird von Petrus wieder zum  Leben erweckt und der ganzen Gemeinde „lebendig vor Augen gestellt“. Diese Geschichte ist mir zum Gleichnis geworden für die Frage nach der Lebendigkeit von Kirche und Gemeinde in unserer Zeit.

Es wird ja nicht aus­drücklich berichtet, woran Tabita gestorben ist. Vielleicht hat sie sich verausgabt und ist daran gestorben. Immer nur hat sie für andere gesorgt und nie an sich selber gedacht. Sie hat versucht, den anderen etwas von sich mitzuteilen in all ihren Werken, aber die haben immer nur das Äußere gesehen, all die schönen Dinge, die sie bekamen, angenommen, aber gar nichts verstanden von der Person, die dahinter war. So hat sie sich verzehrt an andere, ist krank geworden und gestorben.

Für mich liest sich das wie die Geschichte unserer Kirche in unserer Zeit. „Da war eine Kirche, die war voll guter Werke und Almosen, die sie gab. Es begab sich aber zu der Zeit, dass sie krank ward und ...“

Nun, gestorben ist die Kirche noch nicht, aber sie ist in Gefahr, sich nach außen hin zu verausgaben und ihre innere Kraft zu verlieren. Und wenn es dann geschieht, dass die Menschen nicht einmal mehr auf die guten Werke und Almosen, also auf die diakonische Arbeit der Kirche, angewiesen sind, dann kann es geschehen, dass sie ganz stirbt, weil niemand sie mehr braucht. Wie aber kann geschehen, dass sie wieder „lebendig vor unseren Augen“ steht?

In der Geschichte von der Auferweckung der Tabita sind mir drei Handlungen oder Haltungen des Petrus wichtig geworden, die die Tote wieder lebendig gemacht haben.

Erstens: Petrus schickt all die „Witwen“, die Trauergeister, hinaus. Er läßt sich von ihrem Weinen und Wehklagen, das den Tod nur fester macht, nicht beirren. Ich denke mir, dass das eine Haltung ist, die auch gegenüber unserer von manchen schon totgesagten Kirche wahre Wunder bewirken könnte. Was uns fehlt, ist ein Petrus, der die Klage- und Trauergeister vertreibt, der mitten durch das Wehgeschrei hindurchgeht, sich nicht beirren lässt und uns zeigt, wie viel Leben da noch ist.

Zweitens: Nachdem Petrus alle hinausgetrieben hatte, „kniete er sich nieder, betete und wandte sich zu dem Leichnam und sprach: „Tabita, stehe auf!“ Wenn das doch auch alle täten, die unsere Kirche so kritisieren, beweinen und beklagen! Wenn sie aus ihrer negativen Haltung herausfinden könnten zu der Liebe und Hingabe, die allein Leben schaffen kann!

Und drittens: Petrus gibt Tabita die Hand, lässt sie aufstehen, ruft die Gemeinde und stellt sie lebendig vor ihre Augen. Auch das ist mir zum Gleichnis geworden für unser Verhalten der Kirche gegenüber. Machen wir das auch so? Geben wir ihr die Hand, lassen wir uns ein mit ihr? Und stellen wir sie anderen lebendig vor Augen? Das ist für mich die wichtigste Frage geworden. Wer nur herumkritisiert, nörgelt, der nimmt die Luft zum Atmen.

Deshalb: Lasst uns mit den Augen des Petrus Tabita, die Kirche, anschauen. Und wenn wir gemerkt haben, wie lebendig sie für uns ist, dann lasst uns hingehen und anderen davon erzählen. Lasst uns all unsere Liebe und Phantasie aufwenden dafür zu zeigen, wie lebendig Kirche ist, lasst sie uns lebendig anderen vor Augen stellen. „Dann wird der Tod überwunden und das Leben siegen.“