Herr, du erforschest mich und kennest mich.
Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es;
du verstehst meine Gedanken von ferne.
Psalm 139,1-2
"Ich habe verstanden", sagen wir manchmal nach heftigen Auseinandersetzungen und Erfahrungen, wenn wir uns zunächst eine Weile gewehrt haben, gar nichts verstanden und auch gar nichts verstehen wollten.
In diesem "Ich habe verstanden" kommt manchmal auch zum Ausdruck, dass ich meinen eigenen Anteil am Gesamtgeschehen verstehe. Es zeigt sich ein Sinn, eine Herausforderung, eine Aufgabe. Verstanden zu haben ist die größte Leistung, die wir dem Leben gegenüber erbringen können. Im Blick auf Verlust und Trauer ist das besonders schwer, aber nicht unmöglich.
Die "Seelenarbeit des Trauernden" (Erhard Weiher) ist sein eigener kostbarer und schmerzhafter Preis an das Leben. Diese Auseinandersetzung, seine Trauerarbeit, darf er in einem "heiligen Horizont" wissen. Und erst im Nachhinein vermögen manche Trauernden zu berichten, dass sie einen tieferen Bezug zum Leben bekommen haben, mehr vom Leben verstanden haben und dass sie mit diesem Lebenswissen bereichert und erfüllt weitergehen können. Der Trauernde leistet selbst erst im Lauf seines Prozesses die "Unterschrift": "Ja, es war auch gut".
"Wenn das Leben in Einklang mit anderen Menschen, mit dem bisherigen Tun und Lassen in der eigenen Biographie gebracht werden kann, in irgendeinen Zusammenhang mit Zielen und Wünschen - und sei es der eines bewussten Verzichts -, dann können auch große Härten des Schicksals irgendwie eingeordnet und anfanghaft verstanden werden. Hilfen in der Bewältigung von Leid durch die medizinische Bekämpfung von Schmerz, durch Gespräch und durch die Erfahrung der Bindung an Menschen als ein unzerstörbarer Zusammenhang des Lebens sind Symbole der radikalen Gegenwart Gottes auch in den Krisen unseres Lebens. Aber an den Grenzen dieser menschlichen Hilfen bedarf die Frage nach der Bewältigung von Leid und Schmerz eines Horizonts, der in eine transzendente Dimension weist. Wer sich im Glauben diesen Lebensschichten überlassen kann, der erfährt auch hier - in einer übersteigenden Analogie zu den menschlichen Dimensionen - einen tiefen Halt." (Josef Römelt)