Am Ende: eine andere Kirche                                                      Entwurf vom 19.08.04

 

von Propst Peter Godzik, Ratzeburg

 

Mal ganz abgesehen von den geplanten künftigen Zuschnitten der Kirchenkreise, die auch nicht gerade das Gelbe vom Ei sind (den vier kreisfreien Städten in Schleswig-Holstein wird nicht einmal ein eigener Kirchenkreis gegönnt, weil man stur an der Höchstzahl 12 festhalten will, und der Kirchenkreis Herzogtum Lauenburg soll womöglich metropolitan aufgeteilt werden: der Norden zu Lübeck, der Süden zu Hamburg!) – der eigentlich dicke Hammer kommt erst noch! Es sollen 5-6 Regionalzentren für die Dienste und Werke gebildet werden als joint ventures zwischen Nordelbischer Kirche und den dann neu zugeschnittenen Kirchenkreisen.

Stracks an der nordelbischen Verfassung vorbei, die Verbände lediglich für Kirchengemeinden oder Kirchenkreise auf der gleichen horizontalen Ebene vorsieht! Nun sollen auch vertikale Verbände zwischen Nordelbischer Kirche und Kirchenkreisen möglich werden. Wie soll da noch Aufsicht gelingen, wenn die Nordelbische Kirche sich ins operative Geschäft einmischt und inhaltliche wie finanzielle Vorgaben für die gesellschaftsdiakonische Arbeit machen will?

Die nordelbische Verfassung baut die Kirche bekanntlich strikt von unten nach oben auf und gibt den Kirchenkreisen bei der Finanzverteilung eine Schlüsselstellung: Sie sorgen (als Kirchensteuergläubiger) für eine angemessene finanzielle Ausstattung, die Nordelbische Kirche erhält lediglich einen Anteil.

Die Aufgaben der Dienste und Werke gehören verfassungsgemäß in die Kirchengemeinden, ihre Organisation geschieht hauptsächlich auf Kirchenkreisebene, für Koordination und Rahmenbedingungen sorgt die nordelbische Ebene einerseits durch die Kammer für Dienste und Werke, andererseits durch gesetzliche Regelungen.

In der Praxis hat sich ergeben, dass die Nordelbische Kirche selber auch einige Dienste und Werke vorhalten muss, die von gesamtkirchlicher Bedeutung sind (z.B. Aus- und Fortbildung, Mission, Ökumene, Diakonie). Aber wenn die Nordelbische Kirche entgegen dem Grundsatz der Subsidiarität (den sie anderswo nicht müde wird einzuklagen!) zunehmend Ansprüche stellt auf zentrale Einrichtungen, Dienste, Werke und Beauftragungen (es soll inzwischen 95 davon geben!), dann müsste eigentlich der Finanzbeirat der Kirchenkreise Einspruch erheben, weil das doch nur zu Lasten des Anteils der Kirchenkreise und Kirchengemeinden gehen kann.

Wie ist da in der Vergangenheit großzügig verfahren worden – manchmal wurden die Kirchenkreise gar nicht erst gefragt, meistens haben sie klaglos zugestimmt! Es ist wohl wahr, dass wir in Zeiten des vielen Geldes zuviel angeschafft und zu wenig vorgesorgt haben. Und nun sollen die Dienste und Werke per Vorwegabzug in Regionalzentren als Gemeinschaftsunternehmen von Nordelbien und Kirchenkreisen untergebracht werden!

Der erhoffte Spareffekt durch die Neugliederung der Kirchenkreise dürfte bei diesem Manöver gleich wieder verloren gehen! Aber vielleicht ist das ja auch der Sinn der Übung: aus der Fläche etwas abziehen, damit die übergemeindlichen Dienste und Werke in ihrer Professionalität und als „zweite Säule“ Nordelbiens weiter bestehen bleiben können!

Dabei müssen wir gerade in diesem Bereich entschieden Hauptamtlichkeit zugunsten von Ehrenamtlichkeit abbauen. Die eigentliche Arbeit der Dienste und Werke gehört in die Kirchengemeinden, gestützt von Hauptamtlichkeit in den Kirchenkreisen (meinetwegen auch im regionalen Verbund mehrerer Kirchenkreise); und es genügt völlig, wenn auf nordelbischer Ebene eine Koordination im Sinne von Ausschüssen oder Arbeitsgemeinschaften stattfindet. Ausnahmen bestätigen die Regel; die großen gesamtkirchlichen Aufgaben (dazu gehört m.E. nicht die Frauen- und Jugendarbeit!) müssen natürlich auch weiterhin hauptamtlich auf nordelbischer Ebene angesiedelt sein.

Ich bin gespannt, ab man/frau die verfassungsändernde Mehrheit in der Synode dafür bekommt, dass unsere Kirche nun schon einmal im Bereich der Dienste und Werke eher zentralistisch mit Hilfe von joint ventures geführt wird. Die erklärte Absicht ist eine andere, ich weiß; aber was dann dabei herauskommen wird, erinnert einen fatal an zentralistische Versuche, an denen schon ganz andere Systeme kläglich gescheitert sind.